Kann man einem Azubi in der Probezeit immer ohne Probleme kündigen? Arbeitsgericht Freiburg erklärte die Kündigung einer Auszubildenden für unwirksam - Informationen vom Rechtsanwalt für Arbeitsrecht der Kanzlei HAZ in Offenburg.
In einem kleineren, für die Mandantin aber äußerst wichtigen Prozess konnten wir einer Auszubildenden zu ihrem Recht verhelfen.
Folgendes war passiert: Die junge Frau hatte mit einem Ausbildungsbetrieb des Malergewerbes einen sog. Eingliederungs-Vertrag abgeschlossen. Diese Verträge sollen jungen Menschen mit Qualifikationsdefiziten helfen, anschließend in ein Ausbildungsverhältnis wechseln zu können. Vereinbart war eine Probezeit und eine wöchentliche Qualifizierungszeit von 40 Stunde, die junge Frau erhielt auch eine geringe Vergütung. Sie bewährte sich und wurde vom Betrieb auch zur Berufsschule geschickt, wo sie neben Auszubildenden des Malergewerbes unterrichtet wurde. Der Vertrag war befristet auf ein Jahr.
Nach Ablauf dieses Jahres arbeitete die junge Frau im Betrieb weiter, ohne – so ihre Mitteilung – nun einen Berufsausbildungsvertrag ausgehändigt zu bekommen. Einige Wochen später habe der Chef dann bei ihr vorgesprochen und habe sie einen Berufsausbildungsvertrag unterschreiben lassen. Unmittelbar darauf kündigte der Betrieb und berief sich darauf, dass der abgeschlossene Berufsausbildungsvertrag eine Probezeit von vier Monaten vorsehe und in einer Probezeit könne man ohne Angaben von Gründen kündigen, was grundsätzlich richtig ist, aber den Verdacht aufkommen ließ, man habe nun einen Berufsausbildungsvertrag überhaupt nur vorgelegt, um dann unter Hinweis auf die dort erwähnte Probezeit kündigen zu können.
Wir haben trotz Probezeitargument Klage gegen die Kündigung zum Arbeitsgericht eingereicht, um das Ausbildungsverhältnis zu retten, denn es war absehbar, dass diese junge Frau mangels Ausbildung äußerst schlechte Berufschancen haben würde.
Wir konnten in der Folge auch das Arbeitsgericht von unserer Argumentation überzeugen. Das Gericht gab unserer Klage statt und erklärte die Kündigung für unwirksam. Die Ausbildung konnte fortgesetzt werden.
Argument unsererseits war, dass es sich in Wahrheit gar nicht um eine Probezeitkündigung gehandelt hatte, denn die Probezeit sei schon während der Eingliederung abgelaufen. Tatsächlich war die junge Frau nämlich praktisch ab dem ersten Tag vom Betrieb als Auszubildende behandelt worden, sie wurde wie die anderen Auszubildenden des Betriebs ausgebildet, besuchte mit anderen Auszubildenden auch die Berufsschule und absolvierte die schon im Eingliederungs-Vertrag ja auch schon vereinbarte Probezeit ohne Probleme, weil sie sich wie erwähnt bewährte. Eine weitere Probezeit sei aber angesichts der Nähe zwischen Eingliederungs- und Berufsausbildungsvertrag inakzeptabel, insbesondere dann, wenn die einzugliedernde Mitarbeiterin faktisch wie ein Azubi eingesetzt werde. Hinzu kam, dass der Betrieb selbst die Eingliederungszeit im nachher vorgelegten Berufsausbildungsvertrages als Vorausbildungszeit berücksichtigt hatte.
Danach hatte die junge Frau aber zum Zeitpunkt der Kündigung rechtlich gesehen schon länger als ein Jahr in einem Ausbildungsverhältnis gestanden, weshalb natürlich eine Kündigung „innerhalb der Probezeit“, die ja maximal vier Monate betragen kann, nicht (mehr) möglich war.
Interessanterweise ist vorstehende Konstellation so noch nie entschieden worden, weshalb es erst recht darauf ankam, durch die eigene Argumentation das Gericht zu überzeugen, da man ja nicht auf Präzedenzfälle verweisen konnte. Wir haben uns sehr für die Mandantin gefreut.
Arbeitsgericht Freiburg – Kammern Offenburg - Urteil vom 9.4.2014, 6 Ca 436/13