Vereinbarungen bei Fortbildung, Rückzahlung, Urlaubsgeld, Ansprüche nach Kündigung - Informationen zum Arbeitsrecht von Rechtsanwälte Hartmann Abel Zimmer aus Offenburg.
In einem nicht alltäglichen Fall konnten wir unserem Mandanten vor dem Arbeitsgericht Offenburg zu seinem Recht verhelfen. Ein Mitarbeiter war als Ingenieur in einem größeren Büro tätig. Der Arbeitgeber legte Wert auf eine spezielle viermonatige Fortbildung dieses Mitarbeiters, wollte aber mit maximalem Aufwand sicherstellen, dass er sowohl Fortbildungskosten ersetzt bekommt, wenn der Mitarbeiter das Unternehmen verlässt, als auch die Vergütungszahlungen, die er während der Fortbildung an den Mitarbeiter bezahlt hatte.
Dazu nahm er zwei Klauseln in den Arbeitsvertrag auf. In der ersten verpflichtete sich der Mitarbeiter allgemein, an jährlich vier Tagen Fortbildungsmaßnahmen zu besuchen, deren Kosten der Arbeitgeber trage. Dann kommt es: Diese Fehlzeiten sollte der Mitarbeiter „ausgleichen“, wohl durch Überstunden. Diese Klausel wurde ergänzt durch eine weitere, in der es konkret um die viermonatige Fortbildungsmaßnahme ging. Auch hier sollte gelten, dass a) der Arbeitgeber die Fortbildungskosten trage und b) der Arbeitnehmer die auf der Fortbildung verbrachte Zeit „durch Überstunden erbringt“.
Darüber hinaus sollte der Mitarbeiter die fast 10.000,00 € betragenden eigentlichen Fortbildungskosten zeitlich absteigend gestaffelt zurückzahlen, wenn er innerhalb von fünf Jahren nach Fortbildungsende entweder selbst kündige oder das Unternehmen ihm kündige. Eine Rückzahlungsverpflichtung solle nur dann entfallen, wenn die Kündigung des Unternehmens wegen einer Betriebsstilllegung erfolge.
Die Fortbildung erfolgte dann wie vorgesehen in der sechsmonatigen Probezeit und plötzlich kündigte der Arbeitgeber noch innerhalb der Probezeit zu deren Ende. Mit dem Kündigungsschreiben wurde der Mitarbeiter „unter Anrechnung noch offenen Urlaubes“ freigestellt.
Der Mitarbeiter wartete sodann auf sein letztes Gehalt, das aber nicht ausbezahlt wurde. Da sich der Arbeitgeber standhaft weigerte, Zahlung zu leisten, haben wir ihn auf die Zahlung dieses Gehalts verklagt. Damit nicht genug, wir ließen unsere juristische Fantasie spielen. Zuzugeben ist, dass wir uns damit auf relativ ungeklärtes Terrain begeben haben. Wir führten aus, dass der Arbeitgeber zwar Urlaub in diesem letzten Monat mit der Freistellung angeordnet habe, da er aber das Entgelt für diesen angeordneten Urlaub nicht bezahlt habe, sei der Urlaubsanspruch nicht erfüllt worden, weshalb der Arbeitgeber nun neben dem Gehalt auch die Abgeltung, also zusätzliche Auszahlung des Urlaubes schulde, was mit einem weiteren Antrag eingeklagt wurde.
Der Arbeitgeber verteidigte sich in Bezug auf das Gehalt mit dem Hinweis auf die beiden oben genannten Klauseln im Vertrag. Da der Mitarbeiter während seiner Fortbildung bezahlt worden sei, obwohl er dem Unternehmen nicht zur Verfügung stand, gleichzeitig aber die im Vertrag genannte Nacharbeit nicht geleistet habe, könne der Arbeitgeber das Gehalt einbehalten. Der Urlaub sei im Übrigen korrekt erteilt worden, ein Abgeltungsanspruch bestehe nicht.
Das Arbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 16.03.2016 unsere Auffassung zu beiden Ansprüchen bestätigt.
Zunächst habe der Arbeitgeber schon nicht nachgewiesen, dass ein sog. Arbeitszeitkonto vereinbart habe, das eine Verrechnung zulasse. Die beiden Klauseln seien des Weiteren unklar und benachteiligten den Mitarbeiter unangemessen, schon deshalb, weil sie den Mitarbeiter zu einer für ihn nicht erkennbaren Zahl von Überstunden verpflichte ohne jede zeitliche oder inhaltliche Grenze. Die Urlaubsabgeltung schulde der Arbeitgeber auch, weil die europäischen Regelungen vorsähen, dass dem Mitarbeiter bei einer Urlaubsgewährung der Anspruch auf die Vergütung für diese Zeit sicher sein muss. Daran fehle es, der Arbeitgeber habe die Zahlung des Urlaubsentgelts weder gezahlt noch vorbehaltlos zugesagt.
Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg – Kammern Offenburg -, Urteil vom16.03.2016, 10 Ca 186/15
Anmerkung: Wie zu erwarten legte der Arbeitgeber Berufung zum Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg ein. In der Verhandlung machte die Kammer sehr schnell klar, dass sie die Auffassung des Arbeitsgerichts Offenburg zum Gehalt für den fraglichen Monat teile. Ob darüber hinaus der eingeklagte Anspruch auf zusätzliche Urlaubsabgeltung bestehe sei offen, auch wenn es gute Argumente dafür gebe. Vor diesem Hintergrund haben sich die Parteien schließlich verglichen, wobei sich der Arbeitgeber zur vollen Zahlung des Monatsgehalts verpflichtete zuzüglich der Hälfte der Urlaubsabgeltung. Es bleibt also spannend. Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmern ist bei einer solchen Konstellation – ausbleibendes Urlaubsentgelt – Wachsamkeit anzuraten.
Für eine detaillierte Rechtsberatung nehmen Sie bitte Kontakt mit uns auf.