Vergütung bei Nachtarbeit / Nachtarbeitszuschlag? - Und wenn ja, wie hoch? - Informationen zum Arbeitsrecht von Rechtsanwälte Hartmann & Kollegen aus Offenburg.
Anders als man meinen könnte, ist die zusätzliche Vergütung für Nachtarbeit keineswegs eindeutig geregelt. Leicht hat man es, wenn das eigene Arbeitsverhältnis unter einen Tarifvertrag fällt, denn derartige Tarifverträge regeln solche Zuschläge in den allermeisten Fällen. Was aber, wenn eine solche Tarifbindung nicht existiert. Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung, sagt man gemeinhin und das stimmt auch hier – zumindest ansatzweise.
Unter Nachtarbeit im Sinne des Gesetzes versteht man gem. § 2 ArbZG Arbeitszeit zwischen 23:00 Uhr und 6:00 Uhr, in Bäckereien und Konditoreien von 22:00 Uhr bis 05:00 Uhr.
Die Frage, ob und wie Arbeitnehmer für Arbeit in diesen Zeiträumen zusätzlich zu vergüten sind, beantwortet § 6 Abs. 5 ArbZG wie folgt:
„Soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen bestehen, hat der Arbeitgeber dem Nachtarbeitnehmer für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Zahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren“.
So weit so gut, aber was bedeutet „angemessener Zuschlag“?
Als angemessen sieht die Rechtsprechung dabei einen Zuschlag von 25% auf den Bruttostundenlohn bzw. die entsprechende Anzahl freier Tage an.
Und was passiert, wenn man Dauernachtarbeit leistet, was ist dann angemessen? Bleibt es bei den 25%?
Nein, sagt das Bundesarbeitsgericht in einer aktuellen Entscheidung.
Bei Dauernachtarbeit erhöht sich dieser Anspruch regelmäßig auf 30%.
Ein Mitarbeiter war als Lkw-Fahrer im Paketlinientransportdienst für ein Unternehmen tätig. tätig. Die Arbeitszeit begann für ihn regelmäßig um 20.00 Uhr und endete - mit Pausen - um 6.00 Uhr. Ein Tarifvertrag galt nicht. Das Unternehmen zahlte an den Mitarbeiter für das Zeitfenster zwischen 21.00 Uhr und 6.00 Uhr einen Nachtzuschlag auf seinen Stundenlohn von zunächst etwa 11%. Später hob es diesen Zuschlag schrittweise auf zuletzt 20% an.
Das reichte dem Mitarbeiter nicht und er klagte durch die Instanzen einen Nachtarbeitszuschlag von 30% für die von ihm geleistete Dauernachtarbeit ein.
Nachdem er in erster Instanz noch gewonnen hatte, unterlag er in zweiter Instanz beim Landesarbeitsgericht, das nur den oben erwähnten „regelmäßigen“ Nachtarbeitszuschlag von 25% gewähren wollte.
Die Revision des Mitarbeiters war vor dem Bundesarbeitsgericht erfolgreich.
Das Bundesarbeitsgericht:
„Bestehen - wie im Arbeitsverhältnis der Parteien - keine tarifvertraglichen Ausgleichsregelungen, haben Nachtarbeitnehmer nach § 6 Abs. 5 ArbZG einen gesetzlichen Anspruch auf einen angemessenen Nachtarbeitszuschlag oder auf eine angemessene Anzahl bezahlter freier Tage für die zwischen 23.00 Uhr und 6.00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden.
Regelmäßig ist dabei ein Zuschlag iHv. 25% auf den Bruttostundenlohn bzw. die entsprechende Anzahl bezahlter freier Tage angemessen. Eine Reduzierung der Höhe des Nachtarbeitsausgleichs kommt in Betracht, wenn während der Nachtzeit beispielweise durch Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst eine spürbar geringere Arbeitsbelastung besteht. Besondere Belastungen können zu einem höheren Ausgleichsanspruch führen. Eine erhöhte Belastung liegt nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen bei Dauernachtarbeit vor. In einem solchen Fall erhöht sich der Anspruch regelmäßig auf einen Nachtarbeitszuschlag iHv. 30% bzw. eine entsprechende Anzahl freier Tage. Da der Kläger Dauernachtarbeit erbringt, steht ihm ein Ausgleichsanspruch iHv. 30% zu. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist ein für die Zeit zwischen 21.00 Uhr und 23.00 Uhr gezahlter Zuschlag nicht anrechenbar. Ebenso wenig ist die Höhe des Stundenlohns des Klägers relevant. Erkennbare Anhaltspunkte dafür, dass in diesem bereits ein anteiliger Nachtarbeitszuschlag enthalten ist, bestehen nicht.“
Es kommt also mal wieder auf den Einzelfall an, wobei man davon ausgehen kann, dass die reine Dauernachtarbeit einen Zuschlag von 30% rechtfertigt. Der Satz „Eine Reduzierung der Höhe des Nachtarbeitsausgleichs kommt in Betracht, wenn während der Nachtzeit beispielweise durch Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst eine spürbar geringere Arbeitsbelastung besteht. Besondere Belastungen können zu einem höheren Ausgleichsanspruch führen. wird nun künftig die Fantasie von Arbeitgebern und Arbeitnehmern anfachen, den Nachtarbeitszuschlag je nach Interessenlage nach oben oder nach unten zu korrigieren. Streit dürfte vorprogrammiert sein.
Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 9.12.2015, - 10 AZR 423/14
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